Man sagt, daß männliche Jugendliche in ihrer Entwicklung eine Phase durchmachen, in der bestimmte Berufsbilder eine große Rolle spielen, Lokomotivführer, Pilot oder Kapitän. Diese Wünsche werden derzeit im Fernsehen bis zu einem gewissen Grad erfüllt. Wer nachts nicht schlafen kann, hat die Möglichkeit, sich an den Fahrerplatz einer IC-Lok versetzen zu lassen, um etwas zu erleben, was Reisenden sonst verwehrt bleibt: Der Blick auf die Gleise nach vorn, das aufregende Abenteuer des Gleitens durch Landschaft und Vorstädte, und zwar nicht in der parallelen Kamerafahrt wie bei der Sicht aus dem Abteilfenster, sondern das Erlebnis, im virtuellen Zoom, des auf einen direkt zukommenden, von Blick quasi aufgesaugten Raums.
Es sind solche Bilder nicht nur die medial fingierte Erfüllung eines Kindertraums, sondern ein ganz neues Programmsegment, das neuerdings nachts immer öder, zur Überbrückung des Lochs zwischen Abend- und Morgenprogramm im Fernsehen zu sehen ist und beim ZDF unter dem offenbar ironischen Titel STRASSENFEGER läuft. Hatten die ersten dieser Ausflüge in den ereignislosen Alltag noch eine touristische Konnotation - Die schönsten Bahnstrecken Deutschlands -, so traten an die Stelle der Lokomotive bald andere Verkehrsmittel: die Straßenbahn, das Auto.