Eine eigentümliche Melange aus Schadenfreude, Sympathie und einem "Na, also"-Gefühl kennzeichnete die deutsche Reaktion auf die jüngsten Massenstreiks in Südkorea. Schadenfreude kam mancherorts darüber auf, daß ein Land Anzeichen einer wirtschaftlichen Malaise offenbarte, welches in den letzten Jahren mit dazu beigetragen hat, daß die verbleibenden deutschen Hersteller von Haushaltselektronikprodukten oder Schiffen schrittweise Marktanteile verloren oder ganz aus dem Geschäft gedrängt wurden. Nebenbei entlarvten die Streiks auch noch den Mythos von den ostasiatischen "Fleißbienen" als Schimäre. Sympathiebekundungen wiederum galten vor allem den streikenden Arbeitern, die in den letzten Jahrzehnten durch harte Arbeit bei kargen Löhnen das "Wirtschaftswunder am Han-Fluß" mit ermöglicht hatten und sich nun, so die weit verbreitete Auffassung, den erneuten Würgegriff von Staat und Unternehmen in Form der Änderung der Arbeitsgesetzgebung nicht gefallen lassen wollten.
Schließlich konnten Kommentatoren verschiedener Couleur voll Selbstbestätigung darauf verweisen, daß dies ja alles so kommen mußte. Nach Jahren des rasanten Wachstums habe Korea nun eben auch mit den Problemen der erwachsenen Industrieländer zu kämpfen.