Die regierungsamtliche Optimismusproduktion kennt gegenwärtig keine Grenzen, sie macht nicht Halt vor der Grenze zum blanken Zynismus. Verdrängt werden soll die Erinnerung an das Versprechen, die Zahl registrierter Arbeitsloser über die Jahrtausendschwelle zu halbieren. Kurz vor Bundestagswahlen wird mit Milliardenbeträgen die Lage geschönt. Selbst CDU-Mann Bernhard Jagoda, Leiter der Bundesanstalt für Arbeit, dämpft die verordnete Euphorie: Für die angebliche Trendwende sei "insbesondere die kräftige Ausweitung der Arbeitsmarktpolitik" verantwortlich - eine Politik übrigens, die eklatant gegen die immer wieder verkündeten wirtschaftspolitischen Grundsätze der Bundesregierung verstößt: Innerhalb nur eines Monats hat man 60 000 weitere ABM-Stellen (bzw. vergleichbare Maßnahmen) eingerichtet. Aber das stört den Regierungssprecher doch nicht. Er unterschlägt, daß, wenn überhaupt neu eingestellt wird, praktisch nur befristete Jobs vergeben werden. Er verheimlicht, daß, abgesehen von kurzen konjunkturellen Erholungen, im Trend die Arbeitsplatzverluste im Zuge systemischer Rationalisierung weiter zunehmen werden. Und er verspricht statt dessen, daß bald - natürlich nach der Bundestagswahl - die Viermillionengrenze unterschritten werde.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.