Den Kuß noch auf den Lippen eilt die junge Frau an den Schalter, von den Lippen wird ein Abstrich genommen, und kurz darauf erhält sie einen Stapel Papier mit schier endlosen Buchstaben- und Zahlenkolonnen, die Aufschluß über die Erbanlagen des Küssenden geben. Die genetische Analyse und nicht Amors Pfeil entscheidet nüchtern über Partnerschaft und Fortpflanzung. Rechtzeitig zum zehnjährigen Bestehen des Human Genome Project (HGP) eröffnete im Sommer diesen Jahres der Film "GATTACA" den Blick auf eine kühle (Anti-)Vision in einer vielleicht nicht mehr ganz so fernen Zukunft.
Im Zuge der gegenwärtigen Begeisterung für die Bio- und Gentechnologie als "arbeitsplatzschaffende Schlüssel- und Querschnittstechnologie" wird auch von großen Teilen der Politik die Gentherapie als Hoffnungsträgerin einer neuen Medizin präsentiert und es verblüfft kaum, daß die Forschung daran kräftig gefördert und propagiert wird. Geschickt wird dabei der Umstand ausgenutzt, daß die Bevölkerung ein ambivalentes Verhältnis zur Gen- und Biotechnologie hat. Während beispielsweise die "grüne" Gentechnik in der Landwirtschaft deutlich skeptisch und ablehnend beurteilt wird, erhält die "rote" Gentechnik in der Medizin durchaus gute Noten.