Während die USA bei ihren Vermittlungsbemühungen im Friedensprozeß zwischen Israelis und Palästinensern auf Granit zu beißen scheinen und für den Fall einer erneuten Zuspitzung des Streits um die UNSCOM-Inspektionen einen weiteren Waffengang gegen den Irak in Betracht ziehen, bildet sich - weit weniger schlagzeilenträchtig - in der Region des Vorderen Orients ein neues Kräftegefüge heraus. Eine Entwicklung, die, wenn es nach den USA geht, amerikanische Allianzen im Nahen und Mittleren Osten durch ein Geflecht von weiteren Interessenkoalitionen in dem Raum zwischen Mittelmeer, Persisch-Arabischem Golf, Schwarzem Meer und Kaspischem Meer langfristig komplementieren soll. Israel und die Türkei rücken zusammen; sie bauen ihre wirtschaftlichen Beziehungen aus und ergänzen diese durch militärpolitische Kooperation. Die USA fördern die strategische Zusammenarbeit der beiden regionalen Mittelmächte nach Kräften. Sichtbare Form nahm dieses im Entstehen begriffene Kräftedreieck an, als Anfang dieses Jahres fünf Kriegsschiffe aus Israel, der Türkei und den USA ein erstes gemeinsames Manöver in den internationalen Gewässern vor der israelischen Küste abhielten.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.