Ausgabe März 1998

Arbeitslose in Bewegung

Französische Anstöße

Wer hätte damit gerechnet, daß sich die am 11. Dezember begonnene Besetzung einer Zweigstelle der Arbeitslosenversicherung in Marseille zu einer landesweiten Protestbewegung entwickeln könnte? Regierung, Gewerkschaften, Sozialwissenschaftler und nicht zuletzt die Initiatoren des Protests selbst waren einigermaßen überrascht über die Mobilisierungserfolge und die Welle der Unterstützung und Sympathie, die der Protestbewegung der Arbeitslosen aus den Medien und der Bevölkerung entgegenschlug. Es handelte sich keineswegs um den ersten Versuch von Arbeitsloseninitiativen und "-gewerkschaften", ihre Anliegen einer breiteren Öffentlichkeit zu Gehör zu bringen.

Allerdings stießen sie bisher auf wenig Resonanz. Ihr größter Mobilisierungserfolg, der Marsch der Arbeitslosen mit einer Abschlußkundgebung in Pans am 24. Mai 1994, an der mehr als zehntausend Menschen teilnahmen, blieb weitgehend auf Mitglieder von Abeitsloseninitiativen und -vereinigungen sowie Unterstützer aus dem Gewerkschaftslager beschränkt; unorganisierte Arbeitslose gewann man damals kaum für die Straße. 1) Und auch in der Weihnachtszeit 1996 hatte es einige Besetzungsaktionen von Arbeitslosen in Südfrankreich gegeben, die jedoch ein schnelles Ende fanden und denen kaum öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wurde.

März 1998

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.