Indonesien unter den Trümmern der Neuen Ordnung
Mit Suhartos Rücktritt ging eine Ära zu Ende. Doch wer da hoffte, damit sei der politische und wirtschaftliche Befreiungsschlag bereits geschafft, sieht sich zunehmend enttäuscht und beunruhigt. Niemand vermag gegenwärtig zu sagen, ob ein friedlicher Neubeginn mit parlamentarischen Spielregeln gelingen wird, oder ob das Land in Anarchie und Chaos versinkt. Indonesien steht wieder einmal an einem Scheideweg seiner Geschichte. Zur Hinterlassenschaft des Suharto-Regimes gehört ein explosives Gemisch aus dramatisch zunehmender Verarmung ganz unten und Streitigkeiten um die Machtfolge ganz oben, gehört aber auch die Herrschaft der Militärs. Fast jeden Tag werden in Indonesien neue Fälle von Menschenrechtsverletzung, Unterdrückung, Vertuschung von brutalem Vorgehen der Armee während der Suharto-Ära bekannt: in Nordsumatra (Aceh) Massengräber - die indonesische Presse gebraucht das von Kambodscha her berüchtigte Wort "Killing Fields" -, politische Morde in Irian Jaya und Ost-Timor. An den Massenvergewaltigungen im Mai 1998 waren Soldaten beteiligt - offenkundig organisiert und in befohlener Aktion. Immerhin, was in früheren Jahren tabuisiert wurde, wird nun beim Namen genannt. Ein tiefgreifender politischer Wandel läßt sich zwar noch nicht erkennen, aber die öffentliche Diskussion hat eine Qualität erreicht, die die Gesellschaft verändern wird.