Bis zur späten Mitte der 90er Jahre wurde allenthalben von der Ära des Wirtschaftsliberalismus gesprochen. Die Rechte glaubte an das "Ende der Geschichte" und feierte ihren historischen Sieg über jede Spielart des Sozialismus. Die Linke schien dazu verdammt, sich dem Abbau des Sozialstaats entgegenzustellen, und sie begleitete die Entwicklung nicht selten zynisch, hilflos oder opportunistisch. Nun aber hat sich der öffentliche Tenor innerhalb kurzer Zeit verschoben. Mit der Wahl sozialdemokratisch geführter Linksregierungen in Großbritannien, Italien, Frankreich und der Bundesrepublik wurde die Basis für eine neue Politik geschaffen. Plötzlich war die Rede davon, daß das Zeitalter der Sozialdemokratie "neu belebt" 1) sei. Das Label, unter dem die Politik der "neuen Sozialdemokratie" seither gehandelt wird: der "Dritte Weg" - im Kontext sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Theorieund Strategiebildung keineswegs originell. Der Dritte Weg diente bereits dem Austromarxismus sowie dem Eurokommunismus als Wegweiser für ein sozialistisches Transformationsprojekt "zwischen" dem Kommunismus sowjetischer Prägung und dem sozialdemokratischen Reformismus.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.