Die rot-grüne Koalition im konzeptionellen Vakuum
Eine im konservativ-christlichen Milieu verortete Wochenzeitung bedauerte vor einigen Wochen die Regierungszeit der rot-grünen Koalition als ein "verlorenes Jahr". Ist die Koalitionsvereinbarung mit dem Titel "Aufbruch und Erneuerung - Deutschlands Weg ins 21. Jahrhundert", statt als Leitlinie für den politischen Übergang ins neue Jahrtausend zu fungieren, tatsächlich schon nach zwölf Monaten Makulatur? Die Koalition ist in den Kosovo-Krieg mit einer Überdosis Moral hineingestolpert. Um der Menschenrechte willen hat sie die militärische Intervention gerechtfertigt. Zum Glück verschoben sich mit der Dauer des Krieges die Argumentationsmuster: Am Ende standen nicht mehr ein moralisches Pathos, sondern die Definition der Kriegsziele und die Verhältnismäßigkeit der Mittel im Vordergrund. Das Zurückdrängen des Militärapparats der NATO sowie die politische Einbindung der Vereinten Nationen und Rußlands in die Regelung des Konflikts waren beachtliche Leistungen. Das neue Staatsbürgerschaftsrecht bedeutet eine säkulare Wende. Die deutsche Staatsbürgerschaft bleibt nun nicht mehr ausschließlich an die Abstammung gekoppelt. Deutschland begibt sich auf den Weg von einer Volks- und Kulturnation zu einer Staatsnation.
Das ist ein Schritt ins nächste Jahrhundert.