Nachdem das Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf einstweilige Anordnung abgelehnt hatte (Beschluß vom 12. November 1998), wurde der jugendliche Straftäter Muhlis Ari, von den Behörden zartfühlend "Mehmet" genannt, zwei Tage später nach Istanbul abgeschoben. Das Schicksal dieses Jungen, der durch sein Heranwachsen in München Inländer, aufgrund seiner Abstammung von türkischen Staatsangehörigen aber rechtlich Ausländer ist, geriet durch seine immense Publizität zum Exempel für die Widersprüche der deutschen Migrationspolitik und gleichzeitig der deutschen Jugendpolitik. Das Aufsehen in Deutschland und in der Türkei, das diesen Einzelfall zu einer Affäre machte, erklärt sich allerdings weder aus den Besonderheiten der kriminellen Karriere dieses Jungen - ähnliches kommt nach Aussage von Kennern bei Jugendlichen deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit in allen deutschen Großstädten dutzendfach vor - noch aus der Abschiebung, die bei ausländischen Jugendlichen dieses kriminellen Kalibers nicht selten zu sein scheint. Es ist ja gerade die Möglichkeit der Abschiebung ausländischer Jugendlicher, die viele dem Staatsangehörigkeitserwerb durch Geburt im Lande entgegenhalten.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.