Nach 342 Jahren weißer Vorherrschaft und 46 Jahren Apartheid fand in Südafrika die Tyrannei der Minderheit ein Ende, als im April 1994 die ersten freien Wahlen abgehalten wurden. Droht jetzt, nach den zweiten freien Wahlen im Juni, die Tyrannei der Mehrheit? Nachdem der Regierende Afrikanische Nationalkongreß (ANC) die angestrebte Zwei-Drittel-Mehrheit, mit der die Verfassung außer dem Menschenrechtskatalog geändert werden kann, um einen einzigen Sitz verfehlt hatte, ging er eine Koalition mit zwei kleineren Parteien ein - der von Zulus getragenen InkathaFreiheitspartei (IFP) und der Minority Front, dem Refugium indischstämmiger Südafrikaner. Zusammen verfügen die Koalitionspartner über drei Viertel der Sitze im Parlament - genug, um die Verfassung inklusive Menschenrechtskatalog zu ändern. Ein vom neuen Präsidenten Thobo Mbeki in Auftrag gegebenes Positionspapier skizziert dessen politischen Fünfjahresplan. Dieser beinhaltet, daß die "nationale Befreiungsbewegung" - Kode für den ANC - sämtliche Hebel der Macht unter ihren Einfluß bringt: "Armee, Polizei, öffentlicher Dienst, Geheimdienst, Richterstand, halbstaatliche Unternehmen, Rundfunk und Fernsehen, Notenbank und so weiter."
Mbeki nennt das Transformation. Andere nennen es totalitäre Tendenzen.