In einem goldfarbenen Luxusbus passierte der indische Premier Atal Bihari Vajpayee am 20. Februar 1999 die indisch-pakistanische Grenze im Punjab und wurde im Grenzort Wagah von seinem pakistanischen Kollegen Nawaz Sharif mit allen Ehren empfangen. Zehn Jahre nach dem letzten Besuch eines indischen Regierungschefs im verfeindeten Nachbarland sollte die spektakuläre Reise der Auftakt sein für eine Ära der Entspannung in Südasien. Der eigentliche Gipfel im Lahore war reich an Symbolik und wohlwollenden Erklärungen. An dem Ort, wo die Muslim League 1940 mit ihrer Pakistan-Resolution erstmals die Teilung Britisch-Indiens gefordert hatte, stellte Vajpayce klar, daß ein stabiles Pakistan im ureigensten Interesse Indiens sei, und erteilte damit den radikalen irredentistischen Stimmen in seiner Heimat eine eindeutige Absage. In der Labore-Deklaration bekundeten beide Seiten ihre gemeinsame Vision von Frieden und Wohlstand, ihr Verantwortungsbewußtsein hinsichtlich der Nuklearrüstung und die Absicht, das Abkommen von Simla umzusetzen, in dem sich Pakistan 1972 nach dem verlorenen Krieg um Bangladesch mit der bilateralen Regelung aller Probleme - einschließlich Kaschmir - einverstanden erklärt hatte.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.