Seit Monaten dasselbe Bild. Die Grünen sinken tief und tiefer in der Wählergunst und die Demoskopen verkünden voller Überraschung: "Trotz der schlechten Noten für die Grünen steht Außenminister Joschka Fischer ganz oben in der Beliebtheitsrangliste." Welcher Streit auch immer im grünen Hühnerhaufen tobt, eines ist gewiß: Joschka Fischer geht gestärkt daraus hervor. Die Medien sind begeistert. Ein Phänomen, dieser Mann! Dabei ist das Prinzip immer dasselbe. Fischers Aktien steigen nicht trotz, sondern wegen des grünen Desasters. Und auch die Dramaturgie verläuft stets nach dem gleichen Muster. Ein gramvoller Joschka Fischer nimmt den Kampf mit den Windmühlenflügeln seiner Partei auf. Seine Botschaft ist schlicht und lautet: Normale Partei werden, normale Strukturen. So bereits im März '99 in Erfurt, als der leidgeplagte Außenminister sich wieder einmal anschickte, es mit den unprofessionellen Parteistrukturen aufzunehmen. Und wieder war der grüne Kindergarten gar zu uneinsichtig. Joschkas Kurse stiegen, obwohl der Mißerfolg primär seiner eigenen Medienpolitik zuzuschreiben war. Und genauso hätte es am Wochenende der Sachsenwahl funktionieren können, als sich der "alte Jagdhund" (Fischer über Fischer) 1) einmal mehr an seine Sisyphus-Arbeit, genannt Parteireform, begab.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.