Seit Monaten dasselbe Bild. Die Grünen sinken tief und tiefer in der Wählergunst und die Demoskopen verkünden voller Überraschung: "Trotz der schlechten Noten für die Grünen steht Außenminister Joschka Fischer ganz oben in der Beliebtheitsrangliste." Welcher Streit auch immer im grünen Hühnerhaufen tobt, eines ist gewiß: Joschka Fischer geht gestärkt daraus hervor. Die Medien sind begeistert. Ein Phänomen, dieser Mann! Dabei ist das Prinzip immer dasselbe. Fischers Aktien steigen nicht trotz, sondern wegen des grünen Desasters. Und auch die Dramaturgie verläuft stets nach dem gleichen Muster. Ein gramvoller Joschka Fischer nimmt den Kampf mit den Windmühlenflügeln seiner Partei auf. Seine Botschaft ist schlicht und lautet: Normale Partei werden, normale Strukturen. So bereits im März '99 in Erfurt, als der leidgeplagte Außenminister sich wieder einmal anschickte, es mit den unprofessionellen Parteistrukturen aufzunehmen. Und wieder war der grüne Kindergarten gar zu uneinsichtig. Joschkas Kurse stiegen, obwohl der Mißerfolg primär seiner eigenen Medienpolitik zuzuschreiben war. Und genauso hätte es am Wochenende der Sachsenwahl funktionieren können, als sich der "alte Jagdhund" (Fischer über Fischer) 1) einmal mehr an seine Sisyphus-Arbeit, genannt Parteireform, begab.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.