Die Verabschiedung der Steuerreform durch den Bundesrat am 14. Juli hat die Bundesregierung endgültig in Siegestaumel versetzt. Der Kanzler und sein Finanzminister werden mit Lob von allen Seiten überhäuft. Jetzt möchte auch der letzte Kommentator auf der Seite der Sieger stehen. Das prägt die Stimmung, wenn zur Halbzeit von Rot-Grün Bilanz gezogen wird. Alles bestens? Die wirtschaftlichen Daten scheinen dafür zu sprechen: Das reale Wachstum wird in diesem wie auch im kommenden Jahr wieder die 3%-Marke erreichen. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen geht zurück, wenn auch gegenüber dem Wirtschaftswachstum erheblich schwächer als prophezeit. Der Bundesfinanzminister fühlt sich wie Hans im Glück wegen konjunkturbedingt sprudelnden Steuermehreinnahmen. Dazu kommen noch zusätzliche Erträge aus der voranschreitenden Privatisierung von Bundesvermögen und dem Verkauf neuer Netzlizenzen durch den Bund.
Natürlich interpretiert die rot-grüne Bundesregierung diese positiven Signale als Lohn ihrer Arbeit. Solche Instrumentalisierungen beherrscht sie wie ihre Vorgängerin. Hatte doch Gerhard Schröder schon zur Zeit der Bundestagswahl 1998 ein Prozent des wieder anziehenden Wirtschaftswachstums als vorauseilenden Dank der Wirtschaft für seine Regierungszeit reklamiert.