Die Nation kann aufatmen. Die Medien verkündeten den Durchbruch. Am 9. Januar gelang es dem Bundeskanzler, die Tarifparteien auf ein gemeinsames Papier einzuschwören. Das Bündnis für Arbeit, gestern noch vom Scheitern bedroht, wird fortgesetzt. Sicher ein Erfolg für alle, die den Spielraum möglicher Konsenssuche noch nicht ausgelotet sehen. Doch wer nach Inhalten sucht, wer also das Kommuniqué danach befragt, welche konkreten Schritte nun zur wirksamen Überwindung der Arbeitslosigkeit verabredet sind, bleibt auch nach mehrmaliger Lektüre ohne Antwort. Prompt zeigte sich zwei Tage später, dass hinter dem Formelkompromiss die alten Gegensatze unverändert aufeinander stoßen. Hatte es doch die IG Metall gewagt, die Aussagen über "ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Berufsleben" beim Wort zu nehmen und in eine Tarifempfehlung einzubauen, die sich mit 5,5% Gesamtvolumen angesichts der wirtschaftlichen Lage noch bescheiden ausnimmt. Die empörte Reaktion der Arbeitgeber belegt, dass sie sich umgekehrt vom gleichen Dokument in ihrem Verlangen nach "moderater", den Verteilungsspielraum nicht ausschöpfende Tarifpolitik bestätigt fühlen. Was vom gepriesenen "Durchbruch" bleibt, ist die Erkenntnis, dass wieder einmal die Inszenierung fürs Ereignis genommen wurde - übrigens kein Beweis für die Kompetenz der Medien.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.