Ausgabe August 2001

Geteilte Vergangenheit

Ein Elefant vergisst nichts und niemals. Von dieser bemerkenwerten und gefürchteten Eigenart werden Auftritt und Motivation geprägt sein, wenn sich der Altkanzler Helmut Kohl in den kommenden Wahlkampf um das Berliner Stadtparlament stürzt. Seinen eigenen Leuten wird er den von ihm empfundenen Mangel an Treue und Gehorsam heimzahlen. Den Sozen, wie er Schröders Partei nennt, den Verlust der Kanzlerschaft. Dem undankbaren und vergesslichen Volk aber wird er sich als der Einheitskanzler in Erinnerung bringen, der niemals Verfassungsverrat an der Präambel des Grundgesetzes begangen hat (wohl aber an Artikel 146 GG, der die Abstimmung des vereinigten Volkes verlangt. Kohl zog den Taschenspielertrick des Beitritts zum Bonner Grundgesetz vor).

Der Wahlkampf des Schwarzgeld-Jongleurs führt zurück in die Schützengräben des Kalten Krieges. Also in die heile Welt der Adenauer-Republik, deren raison d'être eine Mischung aus krudem Antikommunismus und Angst vor der von Hitler-Deutschland zerstörten Sowjetunion war. Schon taucht Peter Hintze, der Feldkaplan des Altkanzlers, in den politisierenden Talkshows auf, der als Generalsekretär der Union die Rote-Socken-Kampagne inszenierte. Ein unvergessener Beitrag zur gerne zitierten politischen Kultur der Bundesrepublik. Auch der Historiker Helmut Kohl bedient sich jetzt der Requisite.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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