Ausgabe August 2001

Kinder-Armut

Gegenwärtig avancieren Kinder in den Massenmedien zu Kultobjekten, und die Familie nimmt wieder Fetischcharakter an. Man diskutiert über deren Vernachlässigung durch die Gesellschaft, den meist als Horrorszenario beschnebenen demografischen Wandel und die angeblich defizitäre Generationengerechtigkeit. Damit wird nicht nur auf aktuelle Entwicklungsprozesse von Staat und Politik reagiert, sondern auch Ideologie produziert, die im Folgenden kritisiert werden soll. Heute wachsen erheblich mehr Familien, Kinder und Jugendliche als noch vor wenigen Jahren in materieller Not auf. Wie der erste Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung amtlich bestätigt, leben über eine Million Kinder in Sozialhilfe-Haushalten. Jedes siebte Kind bleibt nicht von relativer (Einkommens-)Armut verschont, was zu psychosozialen Belastungen führen kann, den Ausschluss junger Menschen aus soziokulturellen Lebenszusammenhängen nach sich zieht und die Chancengleichheit in der Gesellschaft nachhaltig beeinträchtigt.

Kinderarmut ist nicht nur ein reales, gesellschaftspolitisch brisantes Problem, sondern auch ein politisch-ideologischer Hebel, um die Armutsbetroffenen gegeneinander auszuspielen. Denn die Existenz von Armut gilt mittlerweile sogar in der wohlhabenden Bundesrepublik fast schon als normal, Kinderarmut jedoch (noch) als Skandal.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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