Man kann nur froh darüber sein, dass es die Grünen, also die Partei Bündnis 90/ Die GRÜNEN, die vor mehr als zwanzig Jahren als “sonstige politische Vereinigung” im Widerstand gegen die SPD Helmut Schmidts auf den Plan getreten sind, gegeben hat. In der Latenzzeit jener sechzehn Jahre, da die Kanzlerschaft Helmut Kohl sich wie Meltau auf das Land gelegt hatte und von diesem Kanzler kaum mehr als die ihm in den Schoss gefallene deutsche Vereinigung und die Einführung des EURO im historischen Gedächtnis bleiben wird, konnte eine politische Kraft heranreifen, die wesentliche Motive der Kulturrevolution der 68er mit dem Engagement der zehn Jahre später geborenen Aktivisten in Frauen-, Friedens- und Ökologiebewegung verbunden hat. Vor allem zu der Zeit, also sie noch in der Opposition und radikal waren, gelang es den Grünen, dem politischen System ein Thema auf die Agenda zu setzen, das dessen Vertreter aufgrund ihres eingefahrenen Politikverständnisses nicht präsentieren konnten, obwohl doch die ökologische Problematik zuerst von (Wert)konservativen ernst genommen und politisch transformiert wurde.
In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist.