Ausgabe Juli 2001

Wir können nicht darauf warten, daß sich das von selbst regelt.

Die CDU und die soziale Frage Blätter-Gespräch mit Heiner Geißler

"Blätter": Herr Geißler, kürzlich träumten Sie davon, ein Revolutionär zu sein und die Welt zu verändern. Was wäre anders in der Welt nach Ihrer Revolution?

Heiner Geißler: Natürlich wäre sie die heilste aller heilen Welten. Eine Utopie, an der schon alle Weltverbesserer gescheitert sind. Ganz zentral wäre die Durchsetzung der Unantastbarkeit der Menschenwürde, und zwar für wirklich jedermann überall auf der Erde, unabhängig davon, ob jemand Weißer oder Schwarzer ist, Christ oder Jude - für Frauen im Islam genauso wie für die Muslime hier in Deutschland, die ein Minarett an ihrer Moschee hochziehen wollen und nicht dürfen. Und auch unabhängig davon, ob jemand krank oder gesund ist, behindert oder voll leistungsfähig, alt oder jung, geboren oder ungeboren. Das müßte Gegenstand oder Ergebnis einer solchen Revolution sein, was übrigens zeigt, daß es gar nicht so illusionär ist, denn genau das muß in Deutschland möglich sein. Das führt uns schnell auf die konkrete Politik, nämlich wie wir die Exzesse des modernen globalen Kapitalismus einschränken oder besser noch beseitigen können durch die Installierung einer internationalen, einer globalen sozialen Marktwirtschaft.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.