Ausgabe Juni 2001

Der Neubeginn deutscher Friedensforschung

Im Koalitionsabkommen der rot-grünen Bundesregierung vom 20. Oktober 1998 heißt es: "Die neue Bundesregierung setzt sich für den Aufbau einer Infrastruktur zur Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung ein. Hierzu gehört neben der finanziellen Förderung der Friedens- und Konfliktforschung und der Vernetzung bestehender Initiativen die Verbesserung der [...] Voraussetzungen für die Ausbildung und den Einsatz von Friedensfachkräften und -diensten." Diese Formulierung verdient eine genauere Betrachtung. Die Regierung sagt nicht einfach: "Die Friedens- und Konfliktforschung wird erneut gefördert." In den Vordergrund stellt sie vielmehr den "Aufbau einer Infrastruktur zur Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung" und zu dieser rechnet sie die Friedens- und Konfliktforschung, "neben" anderem.

Dies besagt zweierlei: Inhaltlich soll die neu geförderte Forschungsrichtung in pragmatischer Weise der Krisenprävention und der Bearbeitung von Konflikten mit nichtmilitärischen Mitteln dienen, was sie in der Wahl ihrer Themen einschränkt. Zweitens ist diese neue Friedens- und Konfliktforschung eingebettet in Kooperationsbeziehungen spezifischer Art. Sie soll nicht ohne Adressaten ihrer Arbeitsergebnisse tätig werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) präzisiert in einem Schreiben vom 19.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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