Widersprüche der Wirtschaftsentwicklung in den neuen Ländern
Wolfgang Thierse hat mit seiner produktiv-provokanten These "Der Osten steht auf der Kippe" die Diskussion über eine schonungslose Zwischenbilanz zur ostdeutschen Integration ausgelöst. Die darauf folgenden Kontroversen und Wertungen spiegeln die sozial-ökonomischen Unterschiede der beiden Teile Deutschlands. In Ostdeutschland fand wohl auch wegen der konkreten Erfahrungen "vor Ort" die Kritik große Zustimmung. Aufgrund der hohen Transferzahlungen stieß die Provokation im Westen dagegen großteils auf massive Ablehnung. Die Warnung vor einem möglichen Kippen der gesamten Wirtschaftsentwicklung wurde völlig übertrieben in die These vom Zusammenbruch oder Absturz umgedeutet. Statt solche Chaosszenarien zu verbreiten, ist der Hilferuf Thierses ernst zu nehmen.
Die empirischen Untersuchungen der wirtschaftswissenschaftlichen Institute und anderer Experten bestätigen Thierses These: Die unbestreitbar erfolgreiche Entwicklung gerade in Bereichen des Verarbeitenden Gewerbes sowie die Entstehung von regionalen Wachstumspolen reichen offensichtlich nicht aus, den Stillstand und schließlich Rückschritte bei der ostdeutschen Transformation gegenüber Westdeutschland trotz hoher öffentlicher Transfers zu vermeiden.