Ausgabe April 2002

Georgien als Brückenkopf

Präsident Eduard Schewardnadse zeigte sich zufrieden, als die USA ihre Pläne bekannt gaben, bis zu 200 Militärexperten nach Georgien zu schicken, um das Land, so die offizielle Begründung, bei der Bekämpfung des Terrorismus zu unterstützen. "Wir haben darauf acht Jahre hingearbeitet", verriet er der Presse. In der Tat bemüht sich die georgische Regierung seit einigen Jahren um eine institutionelle Einbindung in das westliche Lager. Öffentlich hat Schewardnadse in der Vergangenheit mehrfach erklärt, er wolle Georgien bis 2005 in die NATO führen. Dieser Wunsch erscheint zwar unrealistisch, ist aber verständlich. Seit die Kaukasusrepublik sich im Dezember 1991 von der Sowjetunion losgesagt hat, ist Moskau darum bemüht, den südlichen Nachbarn nicht aus seiner Einflusssphäre zu entlassen. Im Bürgerkrieg nach dem Abfall der Republik Abchasien 1993 unterstützte die russische Armee die Rebellen mit Waffen. Auch die Süd-Osseten, die den Anschluss an Russland suchen, genießen die Sympathien Moskaus. Immer wieder fand man dort Gründe, den Abzug der russischen Truppen, die nach der Unabhängigkeit Georgiens auf fremden Territorium standen, hinauszuzögern. Im letzten Jahr führte die Putin-Regierung eine Visumspflicht für Georgier ein, nahm aber die Süd-Osseten und die Abchasen von dieser Regelung aus.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.