Ausgabe Juni 2002

Mehr Walser wagen!

Gerhard Schröder trifft Martin Walser. Die Themen: "Über ein Geschichtsgefühl" (Martin Walser) zu "Nation. Patriotismus. Demokratische Kultur" (Gerhard Schröder). Das Datum: der 8. Mai. Ort: Willy-Brandt-Haus. Welch ein Paukenschlag! Was nur hat die SPD geritten, sich ausgerechnet am Tag der Kapitulation mit dem Provokateur der Paulskirche, dem Verfechter deutscher Innerlichkeit, dem Romantiker vom Bodensee zu schmücken? Aber, diese Veranstaltung war nicht ohne Vorlauf. Sie steht im Kontext einer kulturpolitischen Offensive der Sozialdemokraten. Schon seit geraumer Zeit hat eine neue Leitkultur Einzug gehalten in die Berliner Republik: die Kultur des Vorlesens. Gemeint sind jedoch nicht jene berlintypischen Vorlesebühnen mit so skurrilen Namen wie "Allee der Kosmonauten" oder "Reformbühne Heim und Welt". Ebenso wenig geht es um die ehrwürdigen literarischen Salons von Britta Gansebohm bis Nicolaus Sombart. Hier ist vom Vorlesen als Staatssache die Rede. Der Kanzler lässt lesen. Und das nicht zu knapp. Am liebsten in der Sky-Lobby des neuen Kanzleramts. Zuerst machten ihm Günter Grass und Christa Wolf die Aufwartung; es folgten die 68er Peter Schneider und Hans Christoph Buch.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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