Ausgabe Juni 2002

Über den Spielraum linker Regierungspolitik in Europa

Der Ausgang des ersten Wahlgangs der französischen Präsidentschaftswahlen schockierte Teilnehmer und Beobachter insofern, als zwar die Stimmenthaltung von nahezu einem Drittel der Wähler vorhergesagt worden war, nicht aber die Besetzung der Stichwahl. Zwischen den trügerischen Umfrageergebnissen und den hohen Stimmenthaltungen besteht ein Zusammenhang: Auf Grund der bis kurz vor dem Wahlsonntag veröffentlichten Erhebungen gingen zahlreiche Wahlberechtigte davon aus, dass ein Duell zwischen Chirac und Jospin das selbstverständliche Ergebnis des ersten Wahlgangs sein werde. An jenem Sonntag, der in die Osterferien fiel, verzichteten viele Wähler in Erwartung der "sicheren" Stichwahl leichtfertig auf einen Urnengang.

In diesem Sinne haftet dem Wahlausgang, der gewiss mehr als ein Unfall war, doch etwas Unfallartiges an. Mehrere Faktoren hatten das Ergebnis unvorhersehbar gemacht. Zur großen Zahl der Kandidaten, die mit 16 eine Rekordmarke erreichte, kam die Schwierigkeit, die Wahlergebnisse des rechtsradikalen Front National vorherzusagen. Entscheidend war gewiss die Zersplitterung der Stimmen auf die vielen Kandidaten und die nachlassende Unterstützung für Chirac und Jospin.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema