Ausgabe Oktober 2002

Der Rüstungsschub unter Bush jr.

Zur Entwicklung hegemonialer Militärmacht

"The absence of evidence is not the evidence of absence" 1), sagte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Juni 2002 in Brüssel. Der Ausspruch - in den Vereinigten Staaten spricht man mit Blick auf solche Formulierungen von "Rummy speak" - sollte wohl implizieren, dass es auch ohne konkrete Hinweise einen begründeten Verdacht auf die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen geben kann. Nur wenige Tage zuvor hatte Präsident George W. Bush in einer Ansprache vor Absolventen der Militärakademie West Point für die Vereinigten Staaten das Recht auf Führung von Präventivkriegen beansprucht - und zwar in Fällen, in denen die politische Führungsspitze dieses Landes gegenüber anderen Staaten den Verdacht hegt, von dort gingen Gefahren für die Menschheit aus. Damit scheint es ganz so, dass sich die für Kriegsentscheidungen wichtigsten Figuren in der amerikanischen Exekutive nicht nur über geltendes Völkerrecht bzw. die Charta der Vereinten Nationen hinwegsetzen, sondern auch über etliche Jahrhunderte alte Standards westlicher Rechtskultur.

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.