Ausgabe September 2002

Bewegungslinke schlägt Regierungslinke?

Das politische Dilemma der Globalisierungskritik

Reibungen zwischen "Partei" und "Bewegung" sind so alt, wie es Kader- und vor allem Massenparteien der Linken gibt; sie zeigen sich auch bei der Rechten, sobald etwa neokonservative Strömungen sich einen Bewegungsunterbau zulegen (wie die christliche Rechte in den USA). Die Unterschiede der jeweiligen Organisationsmuster und Mobilisierungsformen liegen auf der Hand: Parteien müssen heterogene Interessen bündeln und, einmal an der Regierung (und meist in Koalitionen eingebunden), stets "faule" Kompromisse eingehen, während soziale Bewegungen - wenigstens eine Zeit lang der reinen Lehre verpflichtet bleiben, ihre Identität pflegen und punktgenaue Kampagnen initiieren können. Die Sozialdemokratie vor 1914 genau wie später die ökologischen Parteien haben den Streit zwischen Fundis und Realos exemplarisch durchexerziert; beide lassen sich als Partei gewordene Bewegungen charakterisieren, womit klar wird, dass bei allen Unterschieden die partei- und bewegungsförmigen Aktivitäten in einem Mobilisierungszyklus aufeinander folgen und in konflikthaft-kooperativer Arbeitsteilung zusammenwirken können.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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