Ausgabe September 2002

Die Rückkehr des Sicherheitsstaats

Nach den Ereignissen des 11. September 2001 erwarteten politische Beobachter unterschiedliche Auswirkungen. Während die einen annahmen, nun breche eine neue Phase der internationalen Politik an, weil die einzige Weltmacht wieder einen Feind habe, prognostizierten andere, dass sich nichts grundsätzlich ändern werde. Der internationale Terrorismus stelle zwar eine Gefahr dar, aber keine, die eine Neuordnung des internationalen Systems bewirken könne. Paradoxerweise behielten beide Recht: letztere, weil sie korrekt prognostizierten, dass der Terrorismus nicht zu einer Neuordnung der internationalen Beziehungen führt; erstere, weil tatsächlich eine neue Periode der internationalen Politik angebrochen ist.

Die richtige Prognose beruhte - wie so häufig - auf falschen Argumenten. Denn was sich wirklich geändert hat, ist die amerikanische Außenpolitik, und was sich wahrscheinlich noch ändern wird, ist die Arithmetik des politischen Systems der USA. Die amerikanische Regierung achtet seither weniger auf andere Interessen, wenn es um Fragen der Sicherheit geht. Und dies könnte sich mit der Einrichtung des Department of Homeland Security noch verstärken. Diese selbstbezogenen, unilateralen Elemente der amerikanischen Politik sind nicht neu, aber angesichts der stärkeren Interdependenz der USA mit anderen Gesellschaften wirken sie heftiger als früher.

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Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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