Kaum einer, der sich in den diversen Gazetten mit dem Aufruf von Jürgen Habermas und Jacques Derrida zur "Wiedergeburt Europas"1 befasste, ersparte sich paradoxerweise die Anmerkung, dass der Text ein eher bescheidenes Echo ausgelöst habe. Und mancher vermochte mit der darüber empfundenen Häme kaum hinterm Berg zu halten. Anderen wiederum, im gehobenen Status gleichberechtigter professoraler Kombattanten, schien die bloße Rezeption des Manifests gewisse Schwierigkeiten zu bereiten.
Das Anliegen von Habermas/Derrida ist schwerlich zu überlesen: Der amerikanische Krieg gegen den Irak des Saddam Hussein, dieser "burschikose Bruch des Völkerrechts", habe auch in Europa einen Streit über die zukünftige Weltordnung entfacht und die vermeintlich gemeinsame europäische Außenpolitik scheitern lassen. Gefragt sei jetzt ein politisches Widerlager, für das sich Europa anbiete. "Europa muß sein Gewicht auf internationaler Ebene und im Rahmen der UN in die Waagschale werfen, um den hegemonialen Unilateralismus der Vereinigten Staaten auszubalancieren." Zum Zweck einer solchen politischen Positionierung sei es unumgänglich, "der EU gewisse staatliche Qualitäten" zu verschaffen, wobei als treibende Kraft in Ermangelung von Alternativen allein die "kerneuropäischen Mitgliedstaaten" der EU in Frage kämen.