Ausgabe Februar 2003

Besser fahren mit Ausreisezentren?

Dass sie unter fehlender Kreativität leiden, lässt sich deutschen Ausländerbehörden wirklich nicht vorwerfen. Neuester Schlager im Angebot sind so genannte "Ausreisezentren" - Lager, in die Flüchtlinge mit gültigem Aufenthaltsstatus eingewiesen werden, um sie zum schnelleren Verlassen der Bundesrepublik zu bewegen. Damit reagieren gleich mehrere Bundesländer auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der ihnen zuvor die Anwendung der Abschiebehaft untersagt hatte. Nicht zum ersten Mal erfinden die Ausländerbehörden als Reaktion auf höchstrichterliche Entscheidungen neue Repressionsmöglichkeiten - die juristisch allerdings ebenso fragwürdig sind.

Dies zeigte sich schon nach der Asylgrundrechtsänderung 1993, mit der Drittstaatenregelung und Flughafenverfahren eingeführt wurden, ergänzt durch verstärkte Abschiebungen, Ausweitung der Abschiebehaft und verdachtsunabhängige Kontrollen durch den Bundesgrenzschutz. Die Grundgesetzänderung reduzierte die Standards des Flüchtlingsschutzes in Deutschland und sorgte für die erhoffte Verringerung der Zahl der Asylberechtigten.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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