Ausgabe Januar 2003

Brasilien auf Linkskurs?

Mit dem früheren Schuhputzer und Gewerkschaftsführer Luiz Inacio Lula da Silva wird erstmals ein Sozialist das Amt als Staatschef Brasiliens antreten. Mit seiner Wahl verknüpfen sich Hoffnungen weit über das Land hinaus: Ist die Regierung in ihrem Vorhaben erfolgreich, wird Brasilien zumWegweiser für Schwellenländer, die sich in einer ähnlich krisenhaften Lage befinden. Darüber hinaus stellt die neue Regierung eine Zäsur der lateinamerikanischen Politiklandschaft dar. In Brasilien hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine politische Konstellation herausgebildet, die die Umsetzung innovativer politischer Ansätze begünstigt.

Nach ihrer Gründung 1980 profilierte sich Lulas Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores – PT) im Eintreten gegen die Militärdiktatur und für Demokratie; später prangerte sie immer wieder die dramatischen sozialen Folgen der „konservativen” Modernisierung an. Dieses Profil als radikale Opposition in der brasilianischen Parteilandschaft verdankt die PT ihrer sozialen Basis, zu der nicht nur die seit der Parteigründung miteinbezogenen Gewerkschaftler und die Basisgemeinden der katholischen Kirche zählen, sondern auch Studenten, Linksintellektuelle und neue soziale Bewegungen, die sich im Rahmen der Demokratisierung herausbildeten.

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Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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