Es gibt Filme, deren Zeitgenossenschaft erst allmählich sichtbar wird. Sie reifen, verlieren nicht, sondern gewinnen an Aktualität, scheinen Ereignisse zu begleiten, zu kommentieren, auf Umbrüche zu reagieren, die erst später passieren. Mit halbjährigem Abstand ist nach einem fast unbemerkten Start Bertrand Bonellos schon 2001 entstandener Film Der Pornograph erneut in die Kinos gekommen und wirkt nun wie eine trostlose Legende zu den Bildern des Irakkrieges, mit dem die Menschheit doch erst jetzt ihre Würde vollends verloren hat.
Der Jungfilmer Jacques hat in den 70er Jahren eine Reihe Pornofilme gedreht und sich dann zurückgezogen. Nun muss er aus finanziellen Gründen wieder ins Geschäft einsteigen, aber inzwischen herrscht ein anderer Geist, und der junge Assistent muss das Projekt vor den skurrilen Ideen des Altmeisters – "eine Pornographie zu schaffen an der Grenze der Abstraktion" – bewahren, um ein kommerzielles Desaster zu vermeiden. Trotzdem erscheint die Pornoproduktion hier immer noch wie eine ehrliche Arbeit ohne Tricks und Digitaleffekte, und die einzige hard core-Szene, die durch den Titel provozierte oberflächliche Erwartungen bedienen könnte, wird als das präsentiert, was sie ist: ein Stück Tagewerk. Die Aufbereitung von Sex für die naiven Voyeure ist ein Beruf wie jeder andere, in dem Künstler und Handwerker arbeiten.