Ausgabe März 2003

Orwell und die Achse des Guten

So viel Orwell war nie. Krieg ist Frieden, hieß es in der beklemmenden Totalitarismus- Vision des 20. Jahrhunderts. Darin unterscheidet sich 2003 wenig von "1984", gewiss. Aber die Art, wie die gesamte zivilisierte Welt nunmehr seit Monaten einer Sprachregelung gehorcht, die die Wahrheit auf den Kopf stellt, hätte selbst Orwell die Sprache verschlagen.

So viel Orwell war nie. Krieg ist Frieden, hieß es in der beklemmenden Totalitarismus- Vision des 20. Jahrhunderts. Darin unterscheidet sich 2003 wenig von "1984", gewiss. Aber die Art, wie die gesamte zivilisierte Welt nunmehr seit Monaten einer Sprachregelung gehorcht, die die Wahrheit auf den Kopf stellt, hätte selbst Orwell die Sprache verschlagen. Um es einmal bis zur Kenntlichkeit zu simplifizieren: Amerikas Präsident kündigt seit Monaten an, er werde im Irak einmarschieren, gegebenfalls auch gegen die versammelte Völkergemeinschaft inklusive Weltsicherheitsrat - aber die Welt diskutiert, ob der Irak die Vereinigten Staaten bedroht und wie der UNO endlich der schuldige Respekt zu verschaffen sei. Durch Verschärfung des Drucks, versteht sich. Auf wen? Auf Saddam, natürlich. Gegebenfalls auf die UNO selbst, zur Erzwingung verschärfter Selbstachtungoder so.

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