Noch am Wahlabend mochten hohe Funktionäre des Partido Popular (PP), der regierenden konservativen Volkspartei des Ministerpräsidenten Aznar, es einfach nicht glauben. Mindestens 170 Sitze, nicht einen weniger, werde man haben, also die absolute Mehrheit von 176 Sitzen bestenfalls knapp verfehlen, wenn die Auszählung erst zu Ende sei, gab man sich überzeugt.1 Warum auch sollte, trotz des Schocks der Terroranschläge, anderes zu erwarten sein in einem Land, in dessen Dörfern oft mehr Baukräne zu sehen sind als in Frankfurt am Main und von dessen Prosperität Länder wie Deutschland und Frankreich nur träumen können?
Alle Umfragen hatten einen hohen Wahlsieg des PP vorhergesagt, und auch aus der Perspektive des sozialistischen Partido Socialista Obrero Español (PSOE) sah es so aus, als ginge es in der letzten Phase des Wahlkampfs nur noch um die Verhinderung der absoluten Mehrheit der Konservativen,2 zumal deren neuralgische Punkte optimal gesichert schienen. Aus dem Kampf gegen den innerspanischen Terrorismus der ETA und gegen den baskischen, aber auch katalanischen Nationalismus war dem PP durch polizeiliche Erfolge und unter den wirksamen Parolen staatlicher Einheit und der Verteidigung von Verfassung, Rechtstaatlichkeit und Demokratie eine beträchtliche Legitimationsressource zugewachsen.