Ausgabe November 2004

Machtpoker um den Weltsicherheitsrat

Viele Jahre hatte die deutsche Außenpolitik dem Thema "deutscher Sitz" im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine niedrige Priorität gegeben. Erst die Reforminitiativen des UN-Generalsekretärs Kofi Annan lösten in Deutschland eine heftige politische Debatte aus: Während die Regierung Schröder- Fischer einen Platz als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat fordert, wird ihr von der Opposition eine "Renationalisierung der deutschen Außenpolitik" (Wolfgang Schäuble) vorgeworfen. Allerdings fallen in der Debatte die eigentlich zentralen Fragen zunehmend unter den Tisch: Wie müsste ein deutsches Gesamtkonzept zu den Vereinten Nationen aussehen? Und wie verhält es sich mit den Chancen für eine grundsätzliche Reform der UNO?

Der Mangel an Konzepten in der Debatte über die Vereinten Nationen in Deutschland hat Tradition. Bis zu Beginn der 90er Jahre nahmen die außenpolitischen Akteure wie die akademische Forschung, aber auch die Medien und die öffentliche Meinung in der Bundesrepublik die UNO kaum zur Kenntnis - weder in der Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik 1949, als das Land einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen einnahm, noch - erstaunlicherweise - nach dem Beitritt als Vollmitglied im Jahr 1973.

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Die neue Merz-Doktrin?

von Jürgen Trittin

Jahrzehntelang durfte in keiner Grundsatzrede eines deutschen Politikers in Regierungsverantwortung der Satz fehlen: „Wir setzen auf die Stärke des Rechts statt auf das Recht des Stärkeren.“ Doch das war einmal. Bundeskanzler Merz‘ lautstarkes Räsonieren über den Krieg Israels gegen den Iran markiert den Bruch mit dieser Tradition.

Eigennutz statt Solidarität

von Klaus Seitz

Etwa eine Milliarde Euro weniger als im vergangenen Jahr steht dem Bundesentwicklungsministerium 2025 zur Verfügung. Doch nicht nur der Spardruck macht der Entwicklungszusammenarbeit zu schaffen, auch die strategische Neuausrichtung gefährdet ihre Zukunftsfähigkeit.

Besser als ihr Ruf: Die europäische Afrikapolitik

von Roger Peltzer

Schon unter Angela Merkel hat der afrikanische Kontinent in der deutschen Bundesregierung große politische Aufmerksamkeit erfahren. Die Ampelregierung setzt diesen Kurs fort: Seit seinem Amtsantritt reiste Bundeskanzler Olaf Scholz jedes Jahr nach Afrika.