Ausgabe November 2004

Machtpoker um den Weltsicherheitsrat

Viele Jahre hatte die deutsche Außenpolitik dem Thema "deutscher Sitz" im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen eine niedrige Priorität gegeben. Erst die Reforminitiativen des UN-Generalsekretärs Kofi Annan lösten in Deutschland eine heftige politische Debatte aus: Während die Regierung Schröder- Fischer einen Platz als ständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat fordert, wird ihr von der Opposition eine "Renationalisierung der deutschen Außenpolitik" (Wolfgang Schäuble) vorgeworfen. Allerdings fallen in der Debatte die eigentlich zentralen Fragen zunehmend unter den Tisch: Wie müsste ein deutsches Gesamtkonzept zu den Vereinten Nationen aussehen? Und wie verhält es sich mit den Chancen für eine grundsätzliche Reform der UNO?

Der Mangel an Konzepten in der Debatte über die Vereinten Nationen in Deutschland hat Tradition. Bis zu Beginn der 90er Jahre nahmen die außenpolitischen Akteure wie die akademische Forschung, aber auch die Medien und die öffentliche Meinung in der Bundesrepublik die UNO kaum zur Kenntnis - weder in der Zeit nach der Gründung der Bundesrepublik 1949, als das Land einen Beobachterstatus bei den Vereinten Nationen einnahm, noch - erstaunlicherweise - nach dem Beitritt als Vollmitglied im Jahr 1973.

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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