Im Zentrum des Bundestagswahlkampfes steht die dramatische Arbeitslosigkeit. Bundespräsident Horst Köhler hat für diese Debatte den Takt vorgegeben: Nötig sei "eine politische Vorfahrtsregel für Arbeit". Politisches Handeln, das dem Ziel der Schaffung von Arbeitsplätzen widerspricht – oder doch in Widerspruch dazu geraten könnte –, muss demzufolge unterlassen werden.
Diese bedingungslose "Vorfahrt für Arbeit" heißt aber auch bedingungsloses Wirtschaftswachstum, das, nach gängiger Lesart, die Arbeitsplätze schaffen soll. Gleichzeitig werden andere bedeutende und langfristige gesellschaftliche Ziele, etwa die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur Makulatur. "Wirtschaftliches Wachstum" wird damit endgültig zum überragenden Leitbild unserer Gesellschaft, dem sich alle anderen Werte und Ziele unterordnen müssen. Aber welches Wachstum eigentlich das richtige ist und welches wir uns leisten können – danach wird nicht mehr gefragt.
Wer demgegenüber wirtschaftliches Wachstum in Frage stellt oder kritisiert, gilt gemeinhin als reif für die Irrenanstalt. Das war nicht immer so. Vor über 30 Jahren prognostizierte der Amerikaner Dennis Meadows "Die Grenzen des Wachstums". Er sagte voraus, dass den Menschen sehr bald die Rohstoffe ausgehen würden. Mit dieser Prognose lag er vorerst falsch.