Ausgabe Januar 2005

Öl-Empire

Von der Wiederwahl George W. Bushs am 2. November dürfte der Papst besonders peinlich berührt gewesen sein. Denn ihm ist ein Konkurrent erwachsen, der ebenfalls sein Mandat von Gott herleitet. Anders als sein römischer Konkurrent verfügt der transatlantische Papst jedoch nicht nur über eine Schweizer Garde, sondern über Rumsfelds Divisionen, und er ist bereit, sie mit Feuer und Schwert gegen das Böse in der Welt apokalyptisch wie in Falludscha einzusetzen. Mehr noch: Der Papst aus Texas glaubt nicht nur wie der Papst aus Polen an Wunder, er macht sie auch. In einigen Wahlkreisen haben offenbar am 2. November bis zu 139 Prozent der Wähler votiert. Corriger la democratie! Von den USA lernen, lautet daher auch die Parole in der Ukraine und anderswo.

Mehr als 52 Millionen US-Amerikaner haben also einen Lügner und wahrscheinlichen (weil nicht verurteilten) Kriegsverbrecher ins Weiße Haus gewählt. So schnell kann die große Geschichte eines großen Volkes auf den Hund kommen. Während der römische Papst die Welt segnet (urbi et orbi), droht der Papst im Weißen Haus jedem in der Welt, der sein fundamentalistisches Regime nicht akzeptiert. Furcht war es wohl, die viele Amerikaner Sicherheit suchen ließ. Doch Furcht vor wem? Vor dem "Terrorismus", der am 11. September 2001 ein symbolisch hoch aufgeladenes Ziel in den USA erfolgreich attackierte.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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