Ausgabe Dezember 2006

Auswärtige Kulturpolitik ohne Deutschkenntnis

Ein Anfang scheint gemacht: In Berlin tagte Ende Oktober 2006 die größte Konferenz seit Jahren, die die Verbindung von Außenpolitik und Kultur zum Thema hatte. Während in der jüngsten Vergangenheit, zumal während der Kanzlerschaft Gerhard Schröders, die gesamte Außenpolitik – und mithin auch deren „Dritte Säule“, die auswärtige Kulturpolitik – zum Büttel der Exportwirtschaft degradiert wurde, will Außenminister Frank-Walter Steinmeier Kultur nun zur außenpolitischen „Chefsache“ machen. Anders als sein Vorgänger Fischer, den die kulturellen Bindungen zwischen Deutschland, Europa und der Welt nie sonderlich interessierten, hat Steinmeier verstanden, dass die Bedeutung der auswärtigen Kulturpolitik für Wirtschaft und Arbeitsmarkt „viel zu lange unterschätzt“ wurde. In Zukunft müsse die kulturelle Außendarstellung der Bundesrepublik offen und europäisch sein. Sie könne nicht „mit Kultur als einem homogenen nationalstaatlich eingegrenzten, feststehenden Block oder Kanon von Werken, Werten oder kulturellen Waren arbeiten“. 1

Dies ist freilich so neu nicht, wie es scheint. Auch in der Vergangenheit hat es von staatlicher Seite vergleichbare Erklärungen gegeben.

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