Nationalitätenkonflikte im Reich der Mitte
Chinas Wirtschaft boomt wie keine zweite, doch der politische Wandel im Reich der Mitte lässt nach wie vor auf sich warten. Wer mit China Geschäfte machen möchte, vermag die Augen vor mangelnder Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung der Menschenrechte vielleicht zu verschließen. Fraglich ist indes, wie lange sich Peking angesichts zunehmender innenpolitischer Spannungen einer Systemerneuerung und -öffnung versperren kann.1 Es mehren sich die Anzeichen, dass die innere Stabilität des Landes gefährdet sein könnte, wenn die chinesische Führung ihren Kurs des aggressiven Nationalismus beibehält und so davon abzulenken trachtet, dass die Ursachen sozialer Spannungen auch in der eigenen Politik zu suchen sind.
Der immer wieder aufflammende gesellschaftliche Protest im bitterarmen Westen des Landes zeigt, dass der chinesische Nationalismus bei der armen Landbevölkerung oftmals das Gegenteil von dem bewirkt, was er fordert – zumal dann, wenn sich das Gefühl einstellt, nicht freiwillig, sondern erzwungenermaßen der han-chinesischen Kultur anzugehören. Ungeachtet einer deutlichen Dominanz von Han-Chinesen mit knapp 92 Prozent der Gesamtbevölkerung ist China ein Vielvölkerstaat mit entsprechenden Problemen.