Ausgabe Oktober 2006

Hunger global

Zehn Jahre ist es her, da versprachen die Regierungen auf dem Welternährungsgipfel in Rom, die Anzahl der Hungernden bis 2015 zu halbieren. Das Ziel von 1996 klang schon damals zynisch – nahm man doch die andere Hälfte des Elends einstweilen in Kauf. Was jedoch schwerer wiegt: Selbst dieses Ziel wird verfehlt werden. Ende Oktober wird die UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) in Rom eine katastrophale Zwischenbilanz von zehn Jahren Hungerbekämpfung ziehen müssen: Die Zahl der Hungernden ist nicht gesunken, sondern gestiegen, von damals 840 auf heute 852 Millionen. Wirkliche Erfolge sind lediglich in China und Teilen Indiens zu verzeichnen. In Afrika dagegen wächst die Zahl der Hungernden immer noch um jährlich eine Million. Weltweit sterben täglich 80000 Menschen an den Folgen des Hungers. Nach UN-Gepflogenheiten wäre zur „Halbzeit“ des Programms eigentlich ein Regierungsgipfel angesagt. Angesichts der beschämenden Bilanz nimmt es jedoch nicht wunder, dass das diesjährige Treffen zu einem „Sonderforum“ herabgestuft wurde, an dem lediglich die Botschafter teilnehmen müssen. Regierungschefs und Landwirtschaftsminister bleiben offenbar lieber zu Hause, anstatt sich öffentlich der Verantwortung zu stellen.

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.