Belgien hat gewählt und Europa nach dem Sieg von Nicolas Sarkozy in Frankreich einen weiteren Rechtsruck beschert. Die Koalition aus Liberalen und Sozialdemokraten, seit 1999 unter Führung des linksliberalen Premier Guy Verhofstadt im Amt, verlor bei den Parlamentswahlen am 10. Juni ihre Mehrheit. Großer Gewinner sind die Christdemokraten, die mit ihrem Vorsitzenden Yves Leterme voraussichtlich den nächsten Ministerpräsidenten stellen werden.
Dennoch kann von einem klaren Ergebnis des Urnengangs kaum die Rede sein. Denn das Votum der Belgier war mehr denn je eine Abstimmung von de facto zwei verschiedenen Völkern mit offenbar zunehmend widerstrebenden Interessen. Ist Belgien, diese Union aus niederländisch-sprachigen Flamen und frankophonen Wallonen, ein Staat im Zerfallsprozess?
Dies war die Hintergrundmusik des gesamten Wahlkampfes – die Frage, wie es weitergehen soll mit dem 10,5 Millionen Einwohner-Staat, der sich schon seit Jahren zunehmenden Konflikten zwischen den verschiedenen Sprachgruppen ausgesetzt sieht. Mit einer Verfassungsreform wollen nahezu alle Parteien des Nordens die ohnehin schon schwache föderale Ebene des Bundesstaates nach dem Motto „Weniger Belgien, mehr Flandern“ weiter abbauen.