Ausgabe Juli 2008

Südafrika: Ende des Regenbogens?

Viele Südafrikaner und langjährige Beobachter des Landes fühlten sich Mitte Mai dieses Jahres in die Hochphase der Apartheid und der Kämpfe in den Townships zurückversetzt: Sie sahen Bilder von Menschen, die gejagt und getötet wurden. Sogar die berüchtigte Halskrause – ein brennender Autoreifen um den Hals, mit dem damals vermeintliche Verräter gelyncht wurden – wurde wieder gesichtet. Die Flüchtlinge, die vor dem Mob um ihr Leben rannten, waren dieses Mal aber keine Südafrikaner – es waren afrikanische Ausländer.

Die ersten Gewaltexzesse, die von den Armenvierteln Johannesburgs rasch auf weitere Großstädte übergriffen, scheinen einem ähnlichen Muster gefolgt zu sein: Nach Massenveranstaltungen, die dringende Probleme in den Townships ansprachen – sei es mangelnde Infrastruktur, hohe Kriminalität oder, wie in Kapstadt, sogar die Ausländerfeindlichkeit – begannen Gangs, vermeintliche oder wirkliche Ausländer zu jagen. Ob die ersten Täter tatsächlich Inkatha-Anhänger aus KwaZulu-Natal waren, die vornehmlich in den Männerwohnheimen (sogenannten Hostels) in den Townships Gautengs unter erbärmlichen Bedingungen hausen, ist nicht geklärt. Beobachter berichteten, dass der Mob die Menschen auf Zulu (in Kapstadt allerdings auf Xhosa) ansprach.

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

»Deutsch-Südwest« unter Merz: Zurück zur Schuldabwehr?

von Henning Melber

Schon am Beginn des Ersten Weltkriegs musste Deutschland seinen „Platz an der Sonne“ räumen. Zuvor war das Kaiserreich kurzzeitig zur viertgrößten Kolonialmacht aufgestiegen, aber nun übernahmen die Kriegsgegner der Entente dessen okkupierte Territorien in Afrika und der Südsee.