Für eine Neuerfindung des Welthandels
Das multilaterale Handelssystem steckt derzeit in seiner tiefsten Krise seit Jahrzehnten. Die Probleme wiegen so schwer, dass es nach vielen Jahren äußerst mühsamer Verhandlungen inzwischen fast nebensächlich geworden zu sein scheint, ob das Ende der Doha-Runde der Welthandelsorganisation (WTO) bald offiziell verkündet wird oder die Verhandlungen weiter vor sich hindümpeln.
Denn längst geht es nicht mehr „nur“ um die Doha-Verhandlungsrunde, sondern es ist die WTO selbst, die zur Disposition steht. Zwar treten nach wie vor Länder der WTO bei, und ihre Streitschlichtungsinstanz trägt laufend Handelskonflikte zwischen Mitgliedsländern aus. Doch die Verhandlungen über eine Weiterentwicklung der Handelsregeln sind durch einen grundlegenden Reformstau gekennzeichnet. Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 wurde sie immer wieder von einem Stillstand oder Scheitern der Verhandlungen gebeutelt: Die Ministerkonferenzen in Singapur 1996, Genf 1998 und Hongkong 2005 blieben ohne signifikante Ergebnisse, während die Konferenzen in Seattle 1999, Cancún 2003 und die Gespräche am Sitz der WTO in Genf 2006 und erneut 2007 sogar gänzlich scheiterten. Im Rückblick erscheinen daher gar nicht mehr die Fehlschläge, sondern eher die einmaligen Erfolge, wie etwa der Beginn der gegenwärtigen Verhandlungsrunde in Doha 2001, typisch zu sein.