Ausgabe August 2009

Fata Morgana der Revolution

Mit Blick auf die iranische Oppositionsbewegung stellt sich vor allem eine Frage: Was verbirgt sich wirklich hinter dem nicht zuletzt von den Medien zum Führer der Bewegung stilisierten Mir Hussein Mussawi, von dem viele offenbar das Heil der Nation erwarten? Um zu begreifen, wer diese Person wirklich ist, müssen wir uns mit der Anfangsphase des postrevolutionären Iran auseinandersetzen, in der viele der heutigen Protagonisten eine wenig schmeichelhafte Rolle spielten.

Der Exiliraner Amir Hassan Cheheltan schrieb dazu jüngst in einem treffenden Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“: „Die heutigen Anführer der Reformbewegung Rafsandschani, Mussawi, Resai und Karrubi gehörten zu den Schlüsselfiguren des ersten Jahrzehnts der Islamischen Republik, das heißt der 80er Jahre. Damals wurden die wichtigsten Grundsätze verfasst, die zum Albtraum der iranischen Intellektuellen und Wissenschaftler geworden sind. Es war ein Jahrzehnt ausgedehnter Hinrichtungen, die 1988 ihren Höhepunkt erreichten, ein Jahrzehnt der Kulturrevolution nach chinesischem oder noch üblerem Modell, ein Jahrzehnt der weitreichenden Zensur von Presse, Medien und Büchern, in einem Wort: die totale Repression. In dieser Dekade wurde alles, was nicht nach dem Geschmack der Islamischen Republik war, mit dem Slogan ‚Nieder damit‘ attackiert; eine unerträgliche Epoche.

Sie haben etwa 13% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 87% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Gaza und die Ära der Straflosigkeit

von Seyla Benhabib

Künftige Historikerinnen und Historiker, die auf den Israel-Gaza-Konflikt zurückblicken, werden möglicherweise erkennen, dass dieser Konflikt an der Schnittstelle dreier Entwicklungen steht, die gemeinsam das Koordinatensystem der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten internationalen Institutionen völlig verschoben und eine neue Ära eingeläutet haben.

Der Preis der Freiheit: Politische Gefangene in Belarus

von Olga Bubich

Es war eine große Überraschung für weite Teile der internationalen Gemeinschaft: Am 21. Juni ließ das belarussische Regime 14 politische Gefangene frei. Unter ihnen befand sich Siarhei Tsikhanouski, der 2020 verhaftet wurde, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern.