Ausgabe Oktober 2009

Afghanistan: Die Logik des Krieges

Am Freitag, dem 4. September, brach der Krieg ein in den bundesdeutschen Wattewahlkampf. Die Bombardierung zweier von afghanischen Widerständlern erbeuteter Tanklastwagen, die zahlreiche – auch zivile – Opfer zur Folge hatte, sorgte für Entsetzen und entlarvte die Strategie der Bundesregierung, in jedem Fall das Wort „Krieg“ zu vermeiden, endgültig als Farce. Spätestens an jenem Tag wurde die verteidigungsministerielle Propaganda vom friedlichen Stabilisierungs- und Wiederaufbaueinsatz von der brutalen Wirklichkeit des Kampfeinsatzes in einem klassischen Guerillakrieg eingeholt.

Die nächtliche Attacke war von einem Oberst der Bundeswehr angeordnet worden. Die Exekution seines Befehls erfolgte auf dem Fuße durch Jagdbomberpiloten der US-Air-Force. Blitzschnell, präzise und mörderisch hat die High-Tech-Kriegsmaschinerie der NATO funktioniert. Kaum eine Stunde war vergangen, da hatte einer der fliegenden AWACS-Gefechtsstände, die das atlantische Bündnis unter dem Vorwand ziviler Luftraumsicherung erst in diesem Sommer auf den Kriegsschauplatz entsandt hatte, die beiden waffenstarrenden Kampfmaschinen vom Typ F-15E „Strike Eagle“ zu ihrem Ziel dirigiert. Was folgte, waren gigantische Explosionen und flammendes Inferno. Übrig blieben die qualmenden Stahlskelette der beiden Tanklastzüge und eines Traktors sowie Dutzende, wenn nicht über hundert verkohlte Menschenleiber.

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Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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