Ausgabe März 2010

Drogen-Geopolitik

Kokain und Heroin als neue Machtressourcen

Die These, dass die US-Drogenpolitik in Lateinamerika gescheitert sei, gehört zu den Allgemeinplätzen kritischer Berichterstattung über die Region. Tatsächlich fallen die Berichte des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) ernüchternd aus. So konstatierte UNODC 2007 zwar, dass im wichtigsten Kokainherkunftsland Kolumbien im Vorjahr mehr als 200 000 Hektar Koka-Pflanzen durch Herbizidbesprühungen (172 000 Hektar) oder manuell (41 000 Hektar) vernichtet worden seien. Doch die Netto-Anbaufläche sei dabei nur um 8000 Hektar geschrumpft,[1] weil zerstörte Pflanzungen offensichtlich sofort durch neue ersetzt wurden.[2] Der aktuelle Bericht sieht auf den ersten Blick etwas positiver aus. 2008, so heißt es, sei es Kolumbien gelungen, die Netto-Anbaufläche um 18 Prozent zu reduzieren. Aber auch dieser Erfolg hat Makel: Im gleichen Zeitraum wuchsen nämlich die Anbauflächen in Peru und Bolivien deutlich.[3]

Wie sich die Drogenproduktionsmenge tatsächlich entwickelt, ist auf der Grundlage dieser Berichte allerdings schwer auszumachen. Viele der im Wald verborgenen Koka-Pflanzungen lassen sich aus der Luft nicht ausmachen und bleiben unerfasst. Wie sehr die Expertenschätzungen danebenzuliegen scheinen, zeigte sich, als der wegen Drogenhandels inhaftierte Paramilitärkommandant Salvatore Mancuso die jährlichen Einnahmen des kolumbianischen Drogenhandels mit sieben Mrd.

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In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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