Ausgabe September 2010

Gerechter Friede statt Gerechter Krieg

Die Lehre der letzten Dekade

Bilanziert man die erste Dekade des 21. Jahrhunderts unter friedenspolitischen Gesichtspunkten, kommt man zu einem höchst ambivalenten Ergebnis. Einerseits hat im Gefolge des 11. September 2001 und des von George W. Bush ausgerufenen „Krieges gegen den Terror“ die Theorie des „gerechten Krieges“ eine erstaunliche Renaissance erlebt. Der liberale amerikanische Sozialphilosoph Michael Walzer diagnostizierte zwischenzeitlich gar den Sieg der von ihm schon lange vertretenen „Lehre vom gerechten Krieg“. Andererseits hat das Scheitern der jüngsten militärischen Interventionen, von Irak bis nach Afghanistan, die Untauglichkeit dieses Konzeptes brutal aufgezeigt. Umso mehr, so das Ergebnis der vergangenen Dekade, kommt es darauf an, nicht-militärische Alternativen zu bedenken und mit der Theorie des „gerechten Friedens“ ein friedenspolitisches Gegenkonzept zu etablieren.

Die Frage zu beantworten, was konkret friedenspolitisch zu tun sei, ist Aufgabe der Wissenschaften, nicht zuletzt natürlich der Friedens- und Konfliktforschung; aber es ist auch die Aufgabe von Organisationen und Institutionen wie den Kirchen, deren Botschaft in Gesellschaft und Politik oft weit mehr gehört wird als die detaillierte Expertise einzelner Wissenschaften.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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