Ausgabe Juli 2011

Stabilitätsgewinn durch Demokratieverzicht?

Europas Weg in einen neuen Autoritarismus

Es steht nicht gut um Europa. Erneut scheint der Prozess der europäischen Einigung in eine veritable Existenzkrise manövriert worden zu sein.[1] Im Kampf um – oder besser: gegen – den „Schuldensünder Griechenland“ tritt dabei exemplarisch die ganze Orientierungslosigkeit der Europäischen Union zu Tage: Nachdem bereits heftige soziale Unruhen das Land erschütterten, bereitete eine „Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission“[2] ein neues Hilfsprogramm mit weiteren Krediten und Konsolidierungsauflagen vor, die Griechenland vor dem Staatsbankrott bewahren sollen. Während Banken und Börsen in Europa kurzzeitig aufatmeten, bleiben EZB und IWF mit Blick auf nachhaltige Sanierungserfolge weiterhin skeptisch. In Börsenkreisen wird bereits – unter Verweis auf die aktuelle EZB-Strategie – offen über ein verschärftes „graduelles Sanktionsregime“ spekuliert, das am Ende nicht weniger als den Verlust der fiskalischen Souveränität des Schuldenstaates vorsieht.[3] Die finanzpolitische Notlage scheint sich täglich zuzuspitzen.

Postdemokratisches Europa in der Krise

Auch wenn die aktuelle Krise Europas außergewöhnlich tief sein mag, bei der grassierenden Krisenrhetorik ist Vorsicht geboten.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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