Ein gutes Jahr ist es nun her, dass das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung aufforderte, die Hartz-IV-Sätze zu korrigieren. Doch immer mehr droht die Debatte in dieser Sache – ungeachtet der erzielten Minimalergebnisse – zu einer unendlichen Geschichte zu werden. Geradezu grotesk mutet an, was sich seit Mitte Dezember des letzten Jahres im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag abgespielt hat. Erst glaubte unsere Bundesarbeitsministerin offenbar allen Ernstes, nachdem sie medienwirksam Adventskekse für die Ausschussmitglieder gebacken hatte, nun nichts mehr auf den Verhandlungstisch legen zu müssen, um zu einem Kompromiss mit der Opposition in der Frage der Hartz-IV-Regelsätze zu gelangen. Dann begann ein politisches Tauziehen, für das den Außenstehenden – insbesondere den Hartz-IV-Empfängern – jegliches Verständnis abgehen dürfte. Ein paar Euro mehr oder weniger für die Armen wurden von Seiten der Regierung geradezu zur Grundsatzfrage erhoben, obwohl noch vor kurzem, quasi über Nacht, gigantische Summen zur Rettung strauchelnder Banken bereitgestellt oder die Hotelbranche mal eben in Milliardenhöhe bei der Umsatzsteuer „entlastet“ worden waren.
In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.