Seit den berüchtigten „Hottentotten-Wahlen“ des Jahres 1907 hat Namibia – damals Deutsch-Südwestafrika – keine so starke mediale Beachtung in Deutschland mehr erlebt. Doch dieses erstaunliche Interesse liegt nicht einmal in erster Linie am eigentlichen Anlass: der Anwesenheit einer namibischen Delegation in Berlin, um 20 Schädel entgegen zu nehmen. Diese waren im Zuge der Niederwerfung des verzweifelten autochthonen Widerstandes zwischen 1903 und 1908, heute als Namibischer Krieg bezeichnet, zwecks „rassekundlicher“ Forschung nach Deutschland verschleppt worden und befanden sich seither im Besitz der Berliner Charité. Für die eigentliche Aufregung sorgte die Haltung der Bundesregierung und anderer staatlicher Stellen. Wie schon zuvor zeigten sie einen erschreckenden Mangel an Sensibilität gegenüber den Opfern von Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Die über Monate erwartete Rückgabe der Schädel rückte ein Kapitel deutscher Kolonialgeschichte ins Licht der Öffentlichkeit, das die offizielle Politik seit über 20 Jahren zu verdrängen sucht: den Völkermord, den die deutschen Streitkräfte Anfang des 20. Jahrhunderts bei der Niederschlagung des Ovaherero- und Nama-Aufstandes im damaligen Deutsch-Südwestafrika begingen.