Von Januar bis August 2011 verloren mehr als 1900 Menschen ihr Leben auf dem Mittelmeer: Sie ertranken, verdursteten und verhungerten elendig bei dem Versuch, mit hochseeuntauglichen und völlig überladenen Booten die Europäische Union (EU) zu erreichen. Damit zählen sie zu den über 17 000 Menschen, die nach Schätzungen des Internetportals „Fortress Europe“ seit 1988 entlang der europäischen Außengrenzen ums Leben gekommen sind, davon etwa 12 900 im Mittelmeer und im Atlantik.[1]
Der Tod der Bootsflüchtlinge ist auch das Ergebnis der rigiden Abwehrhaltung der europäischen Regierungen.[2] Dabei verweigern die EU-Staaten nicht nur eine Politik zur aktiven Aufnahme von Flüchtlingen aus Nordafrika in der EU, sondern auch die Lebensrettung von Schiffsbrüchigen. In mehreren Fällen berichteten Überlebende von Bootskatastrophen, dass Hilferufe Schiffbrüchiger von vorbeifahrenden Schiffen ignoriert wurden. Ende Juni kündigte die Parlamentarische Versammlung des Europarates an, dass eine umfassende Untersuchung der Tragödien im Mittelmeer stattfinden solle, um eine mögliche Mitverantwortung von NATO-Einheiten oder nationalstaatlichen Küstenwachen zu prüfen.